Kommentar: Der US-Reisebann offenbart die amerikanische Arroganz
Die US-Einreisesperren gegen europäische Bürger sind bürokratischer Nonsens. Zu Recht sorgen die willkürlichen Regeln in Wirtschaft und Tourismus für Frust.
Air-France-Schalter am New Yorker Airport JFK
Die USA haben internationale Reisen willkürlich beschränkt.
(Foto: AFP)
Washington Wann immer die US-Regierung mit unangenehmen Fragen konfrontiert wird, fordert sie mehr Geduld. Die Strafzölle auf europäischen Stahl zum Beispiel lässt Präsident Joe Biden weiter untersuchen, dabei ist er inzwischen ein halbes Jahr im Amt. Ähnlich verhält es sich mit den Reisebeschränkungen gegen Besucher und Besucherinnen aus dem Schengen-Raum. Bis heute hat Biden nicht plausibel erklärt, warum er die Reisesperren noch nicht aufgehoben oder zumindest modifiziert hat.
Gerade hat der Präsident angekündigt, den „Travel Ban“ neu überprüfen zu wollen, das ist ein kleiner Fortschritt. Doch bei allem Respekt für sorgfältige Abwägungen: Die Daten und Fakten für eine Entscheidung sind längst vorhanden. Und sie rechtfertigen nicht, dass Washington internationale Reisen willkürlich beschränkt.
Zwar ist es das souveräne Recht der USA, Einreisen zu beschränken. Das Problem ist aber, dass die Regeln überhaupt keinen Sinn ergeben. Sie sind bürokratischer Nonsens, der in Wirtschaft und Tourismus zu Recht für Frust sorgt. So können die allermeisten EU-Bürger nur die USA besuchen, wenn sie vorher 14 Tage in einem Drittland wie der Türkei, Nordmazedonien, Kolumbien oder Mexiko in Quarantäne gehen.
Wahrscheinlich ist die Chance, sich dort in der Büfett-Schlange mit Corona zu infizieren, größer, als wenn dieselben Menschen von ihren europäischen Heimatländern aus die USA besuchten. Zumal die Impfraten in Deutschland und einigen anderen EU-Staaten inzwischen fast so hoch sind wie jene in Amerika.
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Schieflage im transatlantischen Verhältnis
Je mehr Zeit verstreicht, desto weniger nachvollziehbar ist der Reisebann. Ist es logisch, dass eine Familie aus Kentucky in Griechenland am Strand liegen kann – ein vollständig geimpfter Franzose aber nicht im Wohnmobil durch Kalifornien fahren darf? Nein.
Und es geht nicht nur um Vergnügungsreisen. Biden, der eigentlich für mehr Gerechtigkeit kämpfen will, nimmt beim Reisebann den Sieg der Privilegien in Kauf. So bekommen Diplomaten, Politiker und auch Journalisten eine Ausnahmegenehmigung fürs Reisen. Eine in den USA arbeitende Deutsche hingegen, die durchs Raster fällt, kann einem sterbenden Familienmitglied in ihrer Heimat nicht die Hand halten, weil sie dann nicht wieder in die USA zurückkommt. Keine Faktenlage der Welt rechtfertigt diese Auswahl.
Dass sich die EU für amerikanische Bürgerinnen und Bürger geöffnet hat, während sich die USA Zeit lassen, offenbart eine Schieflage im transatlantischen Verhältnis. Man könnte auch sagen: Der Reisebann entblößt die amerikanische Arroganz.
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