Kommentar: Daimlers Wiedereinstieg in die Batteriezellen-Fertigung ist richtig – er kommt aber reich
Dieter Zetsche stellte die Eigenfertigung von Zellen ein. Das war ein Fehler. Sein Nachfolger Ola Källenius wagt den Wiedereinstieg – ist aber spät dran.
Mercedes-Stern
Die Entscheidung von Zetsches Nachfolger Ola Källenius, nun den Wiedereinstieg in die Produktion von Batteriezellen zu wagen, ist richtig.
Beim elektrischen Fahren stand Daimler eigentlich auf der Pole-Position. Die Mercedes-Ingenieure haben früh das Potenzial von Akku-Antrieben erkannt und schon 2012 den Kleinwagen Smart unter Strom gesetzt. 2014 folgte eine elektrische Version der B-Klasse. Den Antriebsstrang für den Minivan lieferte damals übrigens Tesla zu. Die Batterien und die Zellen als deren Herzstück produzierte Daimler im sächsischen Kamenz teils selbst.
Doch dann verließ den Pionier der Mut und das Durchhaltevermögen. Der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche verkaufte erst die Anteile seines Konzerns an Tesla und stellte dann die Eigenfertigung von Zellen ein. Der Grund: Er glaubte nicht an einen schnellen Durchbruch von Elektroautos. Batteriezellen seien nichts weiter als „Commodity“, ein schnödes Standardprodukt, das man ähnlich wie Blech und Kabel günstig zukaufen sollte.
Heute ist klar: Zetsche hat sich kolossal geirrt. Die Zelle ist der Kern aller künftigen Baureihen. Das Verständnis von Anode und Kathode sowie der richtige Chemiemix sind entscheidend für die Energiedichte der Batterie und damit die Reichweite, den Verbrauch sowie die Ladegeschwindigkeit jedes Elektroautos. Zudem ist die Batterie mit ihren Bestandteilen die mit weitem Abstand teuerste Komponente bei Stromern.
Für eine Marke, die den Anspruch hat, stets das Beste oder nichts zu liefern, ist es daher unerlässlich, eigene Batteriezellen zu entwickeln und zu fertigen. Die Entscheidung von Zetsches Nachfolger Ola Källenius, nun den Wiedereinstieg in die Produktion der Technik zu wagen, ist richtig.
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Gemeinsam mit Partnern will Daimler nun weltweit acht Zellfabriken mit einer Kapazität von 200 Gigawattstunden aufbauen. So will Källenius seinen Plan absichern, bis zum Ende der Dekade womöglich nur noch Elektroautos zu verkaufen.
Die Einsicht von Källenius kommt allerdings reichlich spät. Erst jetzt, wo sich ein riesiger Engpass bei Batteriezellen abzeichnet, reagiert er. Dabei gab es genug Mahner. Neben Betriebsratschef Michael Brecht haben auch einige Manager immer wieder vor einer gefährlichen Abhängigkeit von asiatischen Zelllieferanten wie CATL gewarnt.
Doch erst nachdem Zetsche im September 2020 erklärt hatte, auf die geplante Rückkehr zu Daimler als Aufsichtsratschef zu verzichten, trat im Konzern allmählich ein Umdenken ein. Das Tabuthema konnte wieder offen diskutiert werden. Rückblickend betrachtet war der Verzicht von Zetsche auch deswegen ein Glücksfall für Daimler.
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