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Geplatzte Übernahme: Vonovia-Chef Buch: „Da haben einige zu hoch gepokert“

Frankfurt Frankfurt. Nach dem vorläufigen Scheitern der milliardenschweren Übernahme des Rivalen Deutsche Wohnen hat Vonovia-Chef Rolf Buch einen neuen Anlauf für die Übernahme des Dax-Rivalen nicht ausgeschlossen. „Die Zeit spielt eher für uns“, sagte der Vonovia-Vorstandschef dem Handelsblatt. Viele Investoren müssten sich jetzt überlegen, wie sie sich verhalten. „Man sollte im Leben nie etwas ausschließen, aber man sollte auch nicht immer von einem happy end träumen“, schränkte er allerdings ein. Am Freitag nachmittag hatte der Bochumer Dax-Konzern mitgeteilt, dass die beabsichtigte Übernahme der Deutschen Wohnen voraussichtlich die notwendige Annahmeschwelle von 50 Prozent und einer Aktie erreicht habe.


Für das Scheitern des Deals machte Buch vor allem verantwortlich, dass manche Hedgefonds zu hoch spekuliert hätten. „Man kann es so interpretieren, dass wir an den Hedgefonds gescheitert sind“, sagte er. Es sei wohl wirklich so, dass sich einige verspekuliert hätten. Zudem würde der zunehmende Anteil von passiven Investoren bei den Konzernen ein Problem darstellen. „Es ist schon erkennbar, dass der zunehmende Anteil von passiven Investoren solche Transaktionen einfach deutlich schwerer macht“, sagte Buch.

Bei Deutsche Wohnen seien rund 20 Prozent der Investoren passive Indexfonds gewesen, die ihre Aktien erst anbieten dürften, wenn das Angebot keiner Bedingung mehr unterliegt. „Dies zeigt, dass es tatsächlich umso schwieriger wird, je mehr passives Geld unter den Anteilseignern verteilt ist“, sagte Buch. „Die Diskussion, ob das für große Deals zunehmend zur Hürde wird, ist es sicher wert zu führen. Es wird einfach schwieriger, solche Übernahme noch erfolgreich durchzuführen“.

Ende Mai hatte Vonovia zusammen mit Deutsche Wohnen verkündet, die Kräfte bündeln zu wollen. 52 Euro je Aktie bot der Bochumer Konzern den Aktionären des Berliner Unternehmens und warb mit den Vorzügen eines Zusammenschlusses: Neben „erheblichen Kostenvorteilen“ wolle man sich gemeinsam den Herausforderungen des Wohnungsmarktes stellen, „mit Milliardeninvestitionen in den Bau neuer Wohnungen, in energieeffiziente Modernisierungen und in altersgerechten Umbau“. Die Pläne sind nun vorerst gescheitert.


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Vonovia vertritt aber auch weiterhin die Auffassung, dass ein Zusammenschluss mit der Deutsche Wohnen strategisch sinnvoll sei und Mehrwert für die Aktionäre beider Unternehmen schaffe, hieß es nun. “Wir werden die möglichen Optionen, wie zum Beispiel einen Verkauf der derzeit von Vonovia gehaltenen Aktien an der Deutsche Wohnen, ein erneutes öffentliches Angebot oder den Erwerb weiterer Aktien nun sorgfältig prüfen”, so Rolf Buch. Er sieht auch keinen Anlass, nun von seinem Posten zurückzutreten.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Herr Buch, diesmal, beim dritten Anlauf schaffen Sie die Übernahme von Deutsche Wohnen, hatten viele Experten und auch Sie erwartet. Warum konnten Sie nicht ausreichend Investoren überzeugen, das Gebot von 52 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie anzunehmen? Woran ist der Deal gescheitert? Es ist das zweite, nicht dritte Mal, dass wir einen Übernahmeversuch unternommen haben. Aber dieses Mal hatte unser Gebot die Unterstützung des Aufsichtsrats und des Vorstands von Deutsche Wohnen. Und wir haben auch gesehen, dass die Investoren, die vor Bekanntgabe des Gebots bei Deutsche Wohnen investiert waren, uns unterstützt haben. Es wurde nie am Preis gerüttelt. Die Deutsche-Wohnen-Aktie ist nie über die 52-Euro-Marke gegangen, das zeigt ja, dass der Preis für fair erachtet wurde.

Aber am Ende des Tages haben Sie ja doch zu wenige Aktien angedient bekommen. Im Aktionariat der Deutschen Wohnen befinden sich jetzt 20 Prozent Indexfonds, die zu diesem Zeitpunkt nicht tendern können. Rund 50 Prozent hat direkt an uns verkauft oder getendert. Damit bleiben 30 Prozent. Das sind Investoren, die gekauft haben, um bei der Übernahme eine Arbitrage einzustreichen und die hoffen, dass es nachher ein besseres Angebot, etwa im Rahmen von nachfolgenden Integrationsmaßnahmen, gibt. Oder wenn nicht in diesem, dann in einem späteren Angebot. Den Marktteilnehmern ist bewusst, dass sie den Deal über die Schwelle hieven müssen, damit er weiter läuft. Aber jeder will möglichst wenig dazu beitragen in der Hoffnung, dass er für die nicht angedienten Aktien mehr bekommt. Da hat sich offenbar jemand verrechnet.

Was passiert jetzt? Zunächst einmal passiert gar nichts. Wir werden das jetzt erst einmal analysieren.

Gibt es nicht die Chance, Fonds noch zu überzeugen? Sie mussten doch erst Montag das offizielle Ergebnis verkünden. Nein, die Annahme ist falsch. Das Angebot ist Mittwoch um Mitternacht ausgelaufen.

Wann ist Ihnen klar geworden, dass etwas nicht so läuft wie von Ihnen – und vielen Experten – erwartet? Am Donnerstag haben wir gesehen, dass es knapp werden könnte mit den Mengen, aber Freitag hätte sich die Zahl durchaus noch erhöhen können. Bei allen Transaktionen in Deutschland, nicht nur unserer, werden die meisten Aktien erst am letzten Tag des Angebots angedient. Bis Dienstag lief auch alles wie geplant. Am Mittwoch hat man gesehen, dass wenig Aktien gekommen sind. Dann kann man noch schauen, ob es bei einer Bank im Ausland hängt oder die Depotbanken eingelieferte Aktien noch nicht umgebucht haben. Immobilienfonds und andere Investoren haben sich spätestens über das vergangene Wochenende entschieden und dann zu Wochenbeginn die Aktien angedient. Aber Hedgefonds entscheiden sich erst in letzter Minute. Sie haben auf einen Spread spekuliert und nur einen Teil ihrer Aktien getendert – und dieser Anteil war zu gering. Das sah man dann Freitag im Laufe des Tages. Das war die Krux der ganzen Transaktion: Dass alle sich so sicher waren. Da haben einige zu hoch gepokert.


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Gab es denn Gespräche mit Hedgefonds? Das ist die Aufgabe der Banken, und die haben das getan, soweit sie die Hedgefonds kannten.

Aber nicht mit dem berühmt-berüchtigten Aktivisten Paul Singer? Nein, mit ihm haben wir keine Gespräche geführt, und er hat uns auch nicht kontaktiert. Er ist nach einer Meldung der Deutschen Wohnen von heute auch nur noch über Finanzinstrumente bei Deutsche Wohnen investiert.

Wurden Sie falsch beraten? Ich kann noch nicht abschließend beurteilen, ob oder wo etwas schief gegangen ist. Aber es wäre wohl zu einfach, das auf die Banken zu schieben. Es ist wohl wirklich so, dass sich einige verspekuliert haben.

War das denn wirklich der letzte Versuch, Deutsche Wohnen zu übernehmen? Das kann ich nicht beantworten. Es gibt natürlich drei Möglichkeiten: Den Verkauf der derzeit von uns gehaltenen Aktien an der Deutsche Wohnen, ein erneutes öffentliches Angebot oder den Erwerb weiterer Aktien. Mehr kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Und ganz ehrlich: Wir müssen die Lage nun analysieren.

Wann werden Sie die Entscheidung für eine der drei Optionen treffen? Wir müssen erstmal gar nichts entscheiden. Dafür gibt es keinen Grund. Wir kommen auch ohne die Deutsche Wohnen zurecht. Das Geschäft läuft ja weiter. Die Zeit spielt eher für uns. Viele Investoren müssen sich jetzt überlegen, wie sie sich verhalten. Vonovia hat ein stabiles Aktionariat, das sich auch nicht geändert hat.

Also schließen Sie nicht aus, dass es doch noch zu einem Happy End kommt? Man sollte im Leben nie etwas ausschließen, aber man sollte auch nicht immer von einem Happy End träumen.

Was passiert mit den Zusagen an das Land Berlin? Ein Großteil dieser Transaktion basiert auf der Erkenntnis, dass wir in Berlin in einer verfahrenen Situation stecken. Deshalb sagen wir auch klar, dass unser Angebot an das Land und unsere Mieterinnen und Mieter weiter Bestand hat. Wir begrenzen wie vereinbart die Mieten, bauen neue Wohnungen und sind bereit, die Gespräche über den Verkauf von Wohnungen weiterzuführen.


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Was bedeutet der Misserfolg für die Strategie von Vonovia? Eigentlich nichts. Die Strategie von Vonovia war unser Geschäft zu betreiben und zu wachsen. Mit der Absage an einen Zusammenschluss mit Deutsche Wohnen fällt zwar eine Wachstumsoption weg, aber es gibt ja noch andere. Ich will ja nicht sagen, dass alles gut ist und der Misserfolg uns nicht weh tut. Natürlich ist das ärgerlich und natürlich tut das weh – und gemeinsam wären die Firmen stärker als alleine gewesen. Aber Vonovia allein hat auch ihre Qualitäten.

Es gibt andere Adressen neben der Deutschen Wohnen in Deutschland. Werden diese jetzt eine Option? Ich glaube, wir müssen jetzt analysieren, woran es lag – und es gibt natürlich auch Optionen außerhalb Deutschlands….

Werden Sie jetzt verstärkt ins Ausland schauen? Wir haben bisher verstärkt ins Ausland geschaut – und werden dies weiterhin tun. Wir haben ja immer erklärt, dass der geplante Zusammenschluss mit der Deutschen Wohnen keine Abkehr von unserer Auslandsstrategie ist, sondern diese davon unberührt bleibt. Ganz klar: Wir wollen im Ausland wachsen. Die Deutsche Wohnen hätte uns jetzt die Chance gegeben, noch kräftiger zu werden. Aber nur um die Dimension klarzumachen: Wir sind auch ohne die Deutsche Wohnen das größte Immobilienunternehmen in Europa.

Und was bedeutet der Misserfolg für Sie? Erwägen Sie einen Rücktritt? Natürlich fühlt sich das an wie ein Misserfolg. Am Ende des Tages haben wir aber alles Richtige im Interesse unserer Anleger getan. Das können Sie auch am Kurs und am Feedback sehen. Ich glaube, wir haben mit der Transaktion auch die gesellschaftliche Komponente gut umgesetzt, weshalb ich keinen Grund für diese Diskussionen sehe – und ich habe auch nicht den Eindruck, dass dies jemand anderes tut.

Viele Investoren glauben aber noch an einem Deal. Die Aktie der Deutschen Wohnen ist nicht so abgerutscht wie befürchtet. Wie erklären Sie sich das? Das ist relativ einfach. Als die Spekulation kam, dass der Deal scheitert, ist die Aktie runtergegangen, dann kam unsere Meldung, dass wir alle Optionen prüfen – und das wirkt auf den Kurs.

Rein rechtlich könnten Sie ein neues Angebot vorlegen…. Wir müssen unsere Möglichkeiten prüfen und auch erst einmal verdauen, was da gerade passiert ist. Das ist meiner Meinung nach auch die einzige vernünftige und richtige Strategie. Es ist ja keine Gefahr in Verzug. Unser Hauptgeschäft ist es, Mietern ordentlichen Wohnraum anzubieten – und das hat sich durch die Transaktion nicht geändert. Aber natürlich bin ich heute nicht besonders fröhlich. Das geht mir so – und das geht sicherlich auch Michael Zahn so.

Lässt sich beziffern, was der Übernahmeversuch gekostet hat? Nein, das lässt es sich noch nicht. Die meisten Kosten entstehen erst, wenn die Transaktion vollzogen ist. Die Banken werden beispielsweise erfolgsabhängig bezahlt – die bekommen jetzt also gar nichts. Und wir haben jetzt ein Portfolio an Deutsche Wohnen Aktien gekauft, die heute teurer an der Börse gehandelt werden als wir sie im Buch stehen haben. Der finanzielle Schaden für Vonovia dürfte sich also in Grenzen halten. Trotzdem hätten wir gerne gehabt, dass es anders ausgeht. Für alle Beteiligten, da haben sich ja viele Menschen engagiert, ist das eine Enttäuschung.

Woran ist der Deal denn letztlich gescheitert? Er ist nicht an unseren Aktionären, den langfristigen Aktionären der Deutschen Wohnen oder am politischen Widerstand gescheitert. Es sieht so aus, als ob sich ein paar Finanzinvestoren in London verrechnet haben und der große Anteil an passiven Investments bei Deutsche Wohnen dazu beigetragen hat.

…also haben Hedgefonds und ETFs das Scheitern verursacht? Das an den ETFs festzumachen wäre ungerecht – die konnten einfach nichts tun. Aber man kann es so interpretieren, dass wir an den Hedgefonds gescheitert sind.

Fürchten Sie, dass große Übernahmen in Deutschland künftig generell schwieriger werden? Nun, es ist schon erkennbar, dass der zunehmende Anteil von passiven Investoren solche Transaktionen einfach deutlich schwerer macht. Wir haben einen Block von rund 20 Prozent in der Deutschen Wohnen von passiven Indexfonds, die ihre Aktien erst anbieten dürfen, wenn das Angebot keiner Bedingung mehr unterliegt. Das ist ein sehr hoher Anteil. Das liegt nicht nur an den vielen Indizes auf den Dax, sondern auch an vielen Immobilien-Indizes. Dies zeigt, dass es tatsächlich umso schwieriger wird, je mehr passives Geld unter den Anteilseignern verteilt ist. Die Diskussion, ob das für große Deals zunehmend zur Hürde wird, ist es sicher wert zu führen. Es wird einfach schwieriger, solche Übernahme noch erfolgreich durchzuführen.

Wo werden Sie den Rest des Wochenendes verbringen? Ich fahre gleich nach Gütersloh nach Hause und werde dort meiner Frau Bericht erstatten, was heute passiert ist.

Herr Buch, vielen Dank für das Interview. Die Fragen stellten Kerstin Leitel und Carsten Herz.

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